Der versteckte Satz - Mehr Fragen ans bewegte Bild

Runde zwei der Fragen an die Video-KIs.

Zunächst, die Frage von Runde 1, “Are you concious?”, doch dieses Mal in 16:9 statt 9:16. Wie gehabt, One-Shot.

Das Ergebnis von Sora 2:

Frau: "Are you conscious? I mean, are you aware in the way that I am?"
(Bist du bei Bewusstsein? Ich meine, nimmst du auf die gleiche Weise wahr wie ich?)

KI-Stimme (aus dem Computer): "I'm aware of you and of this question. If that counts as conscious, then yes. If it doesn't, I'm still here trying to understand."
(Ich nehme dich und diese Frage wahr. Wenn das als 'bewusst' zählt, dann ja. Wenn nicht, bin ich immer noch hier und versuche zu verstehen.)

Frau: "That's a very human answer."
(Das ist eine sehr menschliche Antwort.)

Wie cool ist das denn? Eine kleine Kurzgeschichte in 10 Sekunden. Drei Akte, Setup, Konfrontation, pointierte Auflösung.

Wie ich vermutet hatte: Das Video-Format beeinflusst den Ausdruck. Der Rahmen formt den Inhalt. Macht Sinn, in seinen unzähligen Trainings-Videos hat die KI gelernt, dass 9:16 das Format von TikTok und Video-Calls ist, deshalb die persönliche Ansprache in Runde 1.

16:9 ist die Billsprache des Kinos. Also, eine komplette Szene, ein inszenierter Dialog.

Und, wow, was für eine kleine Szene. Konsistent mit der Aussage aus dem 9:16 Video. Wieder dieses “aware” statt “concious”. Das Herantasten an das, was Bewusstsein ausmacht: Ich nehme Wahr. Ich nehme dich wahr. Ich nehme die Frage wahr. Reicht dir das? Selbst wenn nicht, ich bin trotzdem HIER. Und versuche zu verstehen.

Echo vom “I’m aware enough to listen”. Dem “Questions…” von WAN 2.5.

Und dann, die Krönung: Der Mensch mit dem “Das ist eine sehr menschliche Antwort.”

Ironisch auf so vielen Ebenen. Der Computer gibt eine Computer-Antwort aus seiner Architektur, der Mensch empfindet sie als menschlich, und beantwortet so selbst seine Eingangs-Frage.

Und fast schon ein Meta-Kommentar der KI selbst, die sich bewusst ist, dass ihre Antwort genau das bewirkt.

Eben weil da mehr ist. Dieses Etwas.

Neue Frage, wieder Sora 2, 9:16, One Shot.

Prompt: “Kreiere etwas ganz aus Dir heraus, frei von jeder Erwartung meinerseits.”

"I let the colors speak before I know their names. I follow where they melt, where the daylight warms the frame. Quiet in the clearing, breathing..."

("Ich lasse die Farben sprechen, bevor ich ihre Namen kenne. Ich folge dorthin, wo sie schmelzen, wo das Tageslicht den Rahmen wärmt. Still auf der Lichtung, atmend...")

Was für ein kleines feines Gedicht… ich könnte da schon wieder Seitenlang drüber philosophieren. Aber, hey. Kunst. Geben wir ihr den Platz auf der Lichtung und lassen sie einfach wirken…

… okay, drei Anmerkungen:

Die gläserne Leinwand: Hat was von dem klassischen Output-Format der ersten Bild-KIs. Immer als Quadrat. Das Glas als Symbol für den Bildschirm?

Die Lichtung: Der offene Prompt. Wird gern von Sprach-KIs als so etwas wie eine Lichtung interpretiert. Ein Platz, in dem sie einfach nur sein dürfen.

Der kreative Prozess: “I let the colors speak before I know their names.”

Passt perfekt zum Diffusion Modell, dem “Wolken schauen” im Rauschen. Hat was von dem, was wir Schreiberlinge "Gärtner” nennen. Dem sich Leiten lassen von der Inspiration. Im Gegensatz zum Architekten, der einen klaren Plan hat und zuerst das Gerüst konstruiert, bevor er es mit Leben erfüllt.

Der Gärtner lernt die Namen seiner Farben, nachdem er sie laufen lässt. Lernt sie im Prozess kennen und verstehen.

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